Der Bär des hl. Korbinian


Zur Zeit, als der heilige Korbinian  in unserem Bayernlande die christliche Lehre ausbreitete, sah es da noch nicht gar einladend aus.
Große Wälder und Sümpfe und undurchdringliches Gestrüpp und Röhricht deckten noch einen großen Teil des Bodens.
Der Auerochse stampfte die Büsche nieder, der Eber wühlte Löcher am Fuße vielhundertjähriger Eichen und Wolf und Bär machten ihre unheimlichen Rundgänge.

Damals war eine größere Reise noch ein gefährliches Unternehmen.
Aber der heilige Korbinian kannte keine Furcht und trat voll Gottvertrauen die Wanderschaft über die Alpen nach Rom an.
Einmal hielt er in einer wilden Gebirgsgegend Nachtherberge. Ermüdet von der beschwerlichen Reise schliefen er und seine Genossen bald ein und rings wart alles still.
Da brach ein gewaltiger Bär aus seinem Verstecke hervor und stürzte sich auf das Pferd des Heiligen.
Das Todesgestöhn des verwundeten Tieres weckte die Gefährten und als sie sich umsahen, fanden sie Korbinians Saumroß zerrissen unter den Tatzen des grimmigen Tieres.
Erschrocken klagten sie dem Gottesmanne, was geschehen war. Doch ruhig sprach er zu Anserich, einem seiner Genossen:
„Nimm diese Geißel und züchtige den Brummer ordentlich für den zugefügten Schaden!“ Da dieser zögerte, wiederholte Korbinian:
„Gehe und fürchte nichts! Hast du den Bären gezähmt, dann lege ihm den Sattel, den das Pferd getragen, auf den Rücken und halte ihn bereit zur Weiterreise!“
Anserich fasste Mut, züchtigte den Bären und siehe! –
Der blutdürstige Geselle nahm die Schläge und den Sattel geduldig auf sich und versah die Dienste des Pferdes auf der ganzen Reise.
Die Stadt Freising, wo der hl. Korbinian wirkte und später begraben wurde, führt daher bis auf den heutigen Tag den beladenen Bären im Wappen.
Anton Forsteneichner + 1865