Maiandacht – 6. Tag

Vorbereitungsgebet und Aufopferungsgebet

Von dem Tode

  1. Was ist der Tod? Der Übergang von der Zeit in die Ewigkeit. Sterben ist bald gesagt: es sind nur wenige Buchstaben. Was heißt aber Sterben? Sterben heißt: alles verlassen, was man bisher geliebt. Sterben heißt: verlassen Haus und Hof, verlassen die Bequemlichkeit des Hauses, deine Kleider, deine Lebensweise, verlassen das Geld, das du gesammelt, verlassen die Angehörigen, Verwandten, Freunde, verlassen die Genossen der Sünde, verlassen den Leib, auch wenn du ihn unsinnig liebtest, um dessentwillen du so oft gegen Gott gesündigt, den du gehegt hast, als sollte er ewig leben, verlassen die Welt mit all ihgrer Herrlichkeit, auch wenn du sie so hoch geschätzt, dass du den Himmel darüber vergessen, der du deine Leibes- und Seelenkräfte, vielleicht sogar deine arme Seele selbst geopfert hast.
    Sterben heißt: verlassen die Welt und wandern – wohin?
    Mit dem Leibe ins Grab, um zu verwesen, mit der Seele ins Haus der Ewigkeit, um dort ewig glückselig oder unglückselig zu leben.

    O Seele, im Tode, beim Scheine der Sterbekerze, da wirst du sehen, wie kurz, gering, eitel, flüchtig und falsch alle Herrlichkeit der Welt gewesen ist. Du wirst dann zurücksehen auf die Reihe deiner Jahre, wie schnell sie vergangen sind, du wirst du sehen auf die Tage, welche du in Leichtsinn, Trägheit oder im Genusse unerlaubter Freuden, in Vollbringung böser Werke durchlebt, auf die endlose Zahl der Sünden, die du vielleicht noch nicht erkannt, bereut abgebüßt hast; du wirst sehen, wie gering die Zahl deiner guten Werke ist, die am Ende nicht einmal gute Werke sind, weil du sie nicht aus reiner Absicht, zur Ehre Gottes vollbracht hast. So musst du zurückschauen. Und wenn du vorwärts schaust, siehst du den Tod, der von Gott gesandt ist, dich abzuholen, auf dass du Rechenschaft gebest von all deinem Tun und Lassen; du siehst die grenzenlose Ewigkeit und den dunklen Weg, der dahin führt, ohne zu wissen, was mit dir geschehen wird. Das ist der Tod, dem niemand widersteht, dem niemand entgeht, der auch dich überwinden und dein Leben und mit diesem alles Irdische dir rauben wird. Wann aber? Wo und wie? Weißt du es? Bist du bereit, heute noch zu sterben und in die Ewigkeit einzugehen? Und wenn du es nicht bist, zitterst du nicht?

  2. Siehe, der Tod ist wie ein Dieb, er kommt, da niemand es weiß und von diesem Tode, der nur einmal kommt, hängt die Ewigkeit ab. Einmal nur stirbt der Mensch: stirbt er nicht gut, so ist er ohne Widerruf grenzenlos unglücklich. Des Todes Spiel ist ein gefährliches Ding. Ist der Würfel gefallen, dann kannst du nicht mehr das zweite Mal werfen, der Wurf ist gefallen für ewig. Die Kunst, gut zu sterben, ist die größte Kunst. Der Fehler, der in diesem Augenblicke begangen wird, kann wohl ewig beweint, aber nie verbessert werden. Fürchtest du dich nicht? Den Wurf musst du bald machen, und nur einmal, das ist gewiss, aber du kannst jetzt verhindern, dass der Wurf unglücklich für dich ausfalle. Deine Sache ist es, von jetzt an gut, nach dem Willen Gottes zu leben, und die Sache Gottes ist es, dir nach deinem Wunsche einen guten Tod zu geben. Denke dich jetzt schon hin auf das Todesbett: wie du dort wünschest, gelebt zu haben, so lebe jetzt. Du wirst dort vor allem wünschen, von allen Sünden rein, mit Gott versöhnt zu sein. Tue es jetzt, bereue deine Sünden, beichte sie und lebe dann nach Gottes Willen, und du brauchst den Tod nicht zu fürchten. Besinne dich!
    Wie ruhig starb Maria! Alles, was den Tag gewöhnlich so bitter macht, erschreckte die Gottesmutter nicht. Nicht erschreckte sie unordentliche Anhänglichkeit an diese Welt, da sie, den Freuden, Vergnügungen und Reizen der Welt abgestorben, die Tage des Lebens vielmehr als Tage der Verbannung betrachtete. Nicht erschreckten die Gewissensbisse, da sie jederzeit dem Herrn dem Herrn treu gedient und nie auch nur der geringste Hauch der Sünde sich in das Heiligtum ihres Herzens gewagt hatte. Nicht peinigte sie die Ungewissheit, ob sie werde selig werden, da sie, wenn je einer, versichert sein durfte, in der Gnade und Liebe Gottes von hier zu scheiden. Sie brannte vielmehr in heiliger Sehnsucht nach dem Augenblicke, wo sie mit ihrem lieben Sohne auf das innigste vereinigt würde, daher starb sie mit großer Freude. Willst nicht auch du so süß, so freudig sterben, wie Maria, wie so viele Gerechte? Lebe wie sie, flehe um ihre Fürbitte, und auch dir wird gleiche Gnade zu teil werden.

Lasset und beten 3 Ave Maria, um durch Maria einen seligen Tod zu erlangen.

Gegrüßet seist du Maria …

Bei Privatandachten kann auch nach den Worten „Jesus“ jedes Mal hinzugesetzt werden:

„Der uns die Gnade eines seligen Todes geben wolle.“

Gebet

O mein Gott, wie wird mein Tod beschaffen sein? Nein, ich will nicht in Ungewissheit über meine ewige Seligkeit sterben, ich will mein Leben ändern. O mein Jesus, stehe mir bei. Siehe, ich bin entschlossen, die Sünde zu verlassen, der Welt abzusterben und Dich von ganzem Herzen zu lieben. Lass nicht zu, dass ich mich je wieder von Dir trenne. O Maria, meine geliebteste Mutter, hilf mir gut leben und gut sterben.