Maiandacht – 8. Tag

Vorbereitungsgebet und Aufopferungsgebet

Vom allgemeinen, letzten Gerichte

a) Über die Sünder

  1. Das Gericht nach dem Tode ist ein geheimes, nur der Seele und ihrem Richter bekannt, allein es muss notwendig auf dieses geheime Gericht ein öffentliches, allgemeines Gericht folgen, damit der auf Erden so oft geehrte Sünder öffentlich zu Schanden gemacht, der verachtete Fromme aber zu Ehren gebracht, der im geheimen Gerichte gefällte Urteilsspruch öffentlich bestätigt werde, damit Jesus Christus das Werk seiner Erlösung vollende und öffentlich triumphiere über seine Feinde, welche die Herrlichkeit des Gekreuzigten sehen und vor seiner Macht erzittern werden, und endlich, damit Gottes Güte und Barmherzigkeit, Heiligkeit und Gerechtigkeit, Allmacht und Weisheit in der Fürsicht für den einzelnen Menschen und in der ganzen Weltregierung allen offenbar werde, zur Verherrlichung Gottes, zur Freude der Frommen, zur Beschämung der Gottlosen.
    Du musst also, o Christ, auf den Ruf der Posaune vor dem Richterstuhle Jesu im Angesichte aller Menschen erscheinen, Alle, auch deine geheimsten Gedankensünden, die du nicht bereut hast, kommen da ans Tageslicht, alle, auch deine verborgensten Sünden, die du nicht büßest, werden dann offenbar, allen Menschen bekannt. Viele, die man hier für fromm gehalten hat, werden nun als Verbrecher erscheinen, die Gottlosen werden offen vor der ganzen Welt mit ihren Schandtaten dastehen und vor Schrecken rufen: „Ihr Berge, fallet über uns, und ihr Hügel, bedeckt uns!“ Allein sie werden vergeblich rufen. Alle werden ihre Abscheulichkeit erblicken. O welch eine Beschämung, welch grausame Pein, dem Blicke des alles durchdringenden Richterauges und den Blicken der Millionen, die gelebt haben, der Millionen, die jetzt leben, der Millionen, die leben werden, bloßgestellt zu sein, ohne Fürsprecher, getrennt von Freunden und Beschützern! O tilge die Sünde jetzt durch Reue, beichte und Besserung!

  2. Die Engel werden die Menschen scheiden, zur Rechten des ewigen gerechten Richters die Frommen und zur Linken die Gottlosen stellen. Jetzt wendet sich Jesus mit ernstestem Angesichte zu den Verworfenen, lange schaut er sie an, endlich öffnet er seinen Mund, zum letzten Male hören sie seine Stimme, und was hören sie: „Weichet von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer!“ Hinweg von mir, hinweg aus meinem Angesichte! Gehet hinweg, aller Güter beraubt, mit meinem ewigen Fluche, mit allen Peinen und Qualen ohne Ende beladen, in das ewige Feuer, welches mein Zorn euch bereitet hat und welches eure Sünden und Laster unterhalten werden. Welch ein Mark und Bein durchdringender Ruf: „Hinweg von mir!“ Ja, hinweg von Gott, der Urquelle alles Guten, nie sein Antlitz schauen, das die Seligen so entzückt, keinen Vater mehr haben, keinen Jammerruf mehr zu ihm hinauf senden können, hinweg von den Angehörigen, von Freunden, Bekannten, Eltern, Kindern, Schwestern, Brüdern, hinweg von den heiligen Engeln, hinweg von Maria, der lieben Mutter, hinweg in den Abgrund, der von Feuer und Schwefel brennt! Der Urteilsspruch ist gefällt, die Teufel und verworfenen Menschen fahren hinab in den Abgrund der Hölle; er schließt sich über ihnen, ihr Andenken ist verschwunden auf ewig.

    Vielleicht hat Maria den Arm des göttlichen Richters, der bereits über dich ausgestreckt war, durch ihre Fürbitte zurückgehalten. Danke ihr dafür. Mit einem ernstlichen Willen der Besserung rufe sie beharrlich an, und sie wird dir Verzeihung und Gnade erlangen. Maria ist ja die Zuflucht der Sünder, sie will gern alle Sünder, die mit reumütigem Herzen sich ihr nahen, unter ihren Schutzmantel nehmen, sie will wie ihr göttlicher Sohn, nicht den Tod des Sünders, sondern dass er sich bekehre und lebe. Suche daher Maria, fliehe in ihren mütterlichen Schoß, wie ein Kind in den Schoß seiner Mutter flieh, wenn ein gefährliches Tier sich naht: und der höllische Drache wird von dir weichen. Wenn du Maria findest, wirst du das Leben und das Heil vom Herrn schöpfen.


Lasset und beten 3 Ave Maria, um durch Maria die Gnade zu erlangen, einst zur rechten Seite zu stehen.

Gegrüßet seist du Maria …

Bei Privatandachten kann auch nach den Worten „Jesus“ jedes Mal hinzugesetzt werden:

„Der uns die Gnade geben wolle, am letzten Gerichtstage zur rechten Seite zu stehen.“

Gebet

O Jesus, ich danke Dir, dass Du mich noch nicht in die Ewigkeit abgerufen hast, sondern mir Zeit gibst, durch Tränen der Reue und mit Deinem Blute alle meine Sünden aus dem öffentlichen Schuldbuche auszutilgen. Siehe, ich verspreche Dir, die Zeit der Gnade zu benutzen. O Maria, meine Mutter, gewiss habe ich es dir zu verdanken, dass ich noch nicht verurteilt bin; hilf mir, dass ich schnell, mutig und eifrig zur Buße greife und mit deinem Sohne wieder versöhnt werde. Amen.