Des Heilands Herz



Das ist mein allergrößter Schmerz:
Dass ich es kenn, des Heilands Herz,
Dass es mich liebt – o Gott, wie sehr! –
Mir Gnaden gibt – und täglich mehr, –
Und dass ich Nichts – noch nichts getan,
Was Seine Liebe lohnen kann!

Das ist mein allergrößter Schmerz:
Die Huld von meines Heilands Herz,
Die Schuld, die mein´s trägt gegen Ihn,
Der mir das höchste Glück verlieh´n,
Das Glück, der Kirche mich zu nah´n, –
Und – was hab ich für Ihn getan?

Das ist mein allergrößter Schmerz,
Und o! es zittert d´rob mein Herz!
Er liebte mich in Schmerz und Blut,
Ja, bis zum Kreuz mit aller Glut,
Er gab für mich Sein Leben d´ran –
Und – was hab ich für Ihn getan?

Das ist mein allergrößter Schmerz,
Und o! in Reu fast bricht mein Herz! –
Er ruft so oft mich zum Altar,
Und reicht mir dort Sich Selber dar,
Er kommt zu mir, – ich darf Ihm nah´n, –
Und – was hab ich für Ihn getan?

Ja – was hab ich für Ihn getan?
Ans Kreuz schlug meine Sünd´ Ihn an,
Mit Geißeln hat sie Ihn zerfetzt,
Die Dornenkron Ihm aufgesetzt;
Das war mein Tun, o großer Gott, –
Die Lieb zu mir bracht Ihm den – Tod!

Und was hab ich noch sonst getan?
Ich sah geschaff´ne Dinge an,
Ich liebte Viel, allein nicht Ihn, –
Hat immer dieses Herz verlieh´n,
Bald hier, bald dort, bald ernst, bald leicht,
Statt dass ich ganz es Ihm gereicht!

Und was hab ich für Ihn getan?
Ob heut ich wahr es sagen kann,
Dass mich kein einz´ger Faden hält
Und heftet an die eitle Welt?
Der Mund verstummt, – das Aug sich neigt,
Die Träne quillt, – die Antwort schweigt!

Und was hab ich für Ihn getan? –
So hebt´s noch einmal in mir an!
Die Stimme lässt mir keine Ruh´,
Sie fragt und fragt mich immerzu,
Fragt Tag und Nacht, fragt ohne End´, –
Ach, dass sie einmal Antwort fänd!

Und was will jetzt für Ihn ich tun? –
Da bin ich, Herr, und nimm mich nun!
Ist´s auch schon spät! zur eilsten Stund
Dünkt Dich ein Herz noch guter Fund,
Und ob´s bisher auch Nichts getan,
Du nimmst´s auch dann noch liebreich an!

Jetzt will ich Alles für Dich tun,
Mein Herr und Gott, und nicht mehr ruh´n,
Bis dass mein Leben Tag und Nacht
Zu Deiner Ehr´  ich zugebracht;
O, sag´ es mir noch heute an,
Wie ich Dir tun das Meiste kann!

Herr, sieh! hier brennt das ew´ge Licht,
Was das Dir tut, darf ich es nicht? –
Hier leuchten still im Heiligtum,
Hier leben nur zu Deinem Ruhm,
Hier leiden, sterben, Herr, für Dich,
Bis einst es „Lichtmess“ wird für mich!
(Cordula Peregrina 1845 -1916)