Maiandacht – 14. Tag

Vorbereitungsgebet und Aufopferungsgebet

Von der Tugend der Demut

  1.  Ein fernerer Akt der Demut ist, dass man sowohl seine natürlichen, als übernatürlichen Gaben und Gnaden nicht hervorhebt, mit denselben nicht prunken und glänzen, nicht sich vor andern hervortun will. So handelte Maria. Sie wollte dem heiligen Joseph die Gnade, Mutter Gottes geworden zu sein, nicht entdecken, obgleich es notwendig zu sein schien, um ihm sein Misstrauen zu nehmen. Sie wollte sich auch nicht mit dieser Gnade rühmen vor ihrer Base Elisabeth, sondern sie gab Gott allein die Ehre und antwortete auf den Gruß Elisabeths: „Hoch preiset meine Seele den Herrn,“ als ob sie gesagt hätte: „Du lobst mich, aber ich lobe den Herrn, der allein gelobt zu werden verdient. Du bewunderst mich, aber ich bewundere allein die Güte Gottes. Du preisest mich, und ich preise Gott, der mein Nichts so hoch hat erheben wollen.“ So mache auch du es, meine Seele. Gib Gott allein die Ehre, denn was du bist und hast, hast du Gott allein zu verdanken.

  2. Der Demütige will auch den anderen gern Dienste erweisen und sich denen unterwerfen, die unter ihm stehen. Deshalb wollte auch Maria ihrer Base drei Monate lang dienen.
    „Elisabeth wunderte sich,“ sagt der heilige Bernhard, „dass Maria zu ihr kam, aber sie wunderte sich noch mehr, als sie sah, dass Maria nicht gekommen war, um bedient zu werden, sondern zu dienen.“ Maria, obschon allzeit die heiligste und unbefleckte Jungfrau, sowohl vor, als nach der Geburt ihres göttlichen Sohnes, erfüllte dennoch das Gesetz der Reinigung, wozu sie nicht verbunden war, und brachte das Opfer der Armen. Sie wurde dazu bewogen durch die ihr eigene Tugend der Demut. Der demütige liebt Verachtung.
    „Sie höchste Stufe der Demut,“ sagt der heilige Franz von Sales, „besteht darin, dass man an Demütigungen und Erniedrigungen sich ebenso sehr erfreue, als eitle Gemüter an großen Ehren sich erfreuen.“
    So war es bei Maria. Darum fand sie sich mehr da ein, wo sie Demütigungen erfuhr, als wo Ernte einzuernten war. Daher liest man nicht, dass Maria am Palmsonntage bei dem Einzuge Jesu zu Jerusalem gegenwärtig war, hingegen unterließ sie es nicht, bei der Kreuzigung ihres Sohnes auf dem Kalvarienberge zu erscheinen, um dem schmerzlichen Tode ihres göttlichen Kindes beizuwohnen. Wenn die Heiligste und Reinste so gehandelt hat, was sollst du tun, meine Seele, die du Gott so oft beleidigt, vielleicht durch Hochmut so tief gefallen bist? …

Lasset und beten 3 Ave Maria, um durch Maria die Tugend der wahren Demut zu erlangen.

Gegrüßet seist du Maria …

Bei Privatandachten kann auch nach den Worten „Jesus“ jedes Mal hinzugesetzt werden:

„Der uns die Tugend der wahren Demut verleihen wolle.“

Gebet

Nicht mir, o Herr, nicht mir, sondern Deinem Namen gib die Ehre, denn wie soll ich Ehre verlangen, da ich meine Würde als Mensch und Christ durch Sündigen oft verletzt habe! Wie soll ein Sünder noch Ehre verlangen und sich nicht unterwerfen wollen, da er doch verdient hat, den bösen Geistern unterworfen zu sein! O Maria, hilf mir, dass ich mich selbst verachte, aber meine Mitmenschen achte und Gott allein und immer die Ehre gebe. Amen.