Vergiß die Mutter Gottes nicht


Ein Sohn stand am Sterbebette der Mutter. Ihre letzten Worte waren:
„Mein Sohn, vergiss die Mutter Gottes nicht, vergiss sie nicht in deinem ganzen Leben und bete täglich wenigstens drei Ave Maria.“
Und der Sohn versprach es der sterbenden Mutter, die jetzt mit Ergebung und mit Befriedigung in ein besseres Jenseits hinüberging.
Jahre waren vergangen, der Sohn kam in die Fremde und verlor bald Unschuld und Glauben.
Da wurde ein Priester zu einem Schwerkranken – er war dieser Sohn – gerufen.
Dieser empfängt die hl. Sakramente mit großer Andacht.
Der Priester fragt nach der Spendung der hl. Sakramente den ihm bekannten früheren leichtsinnigen jungen Mann, wodurch er diese Gnade erlangt hätte.
Und dieser antwortet:
„Ich habe alles verloren, den Glauben und die Unschuld, aber eines habe ich nicht vergessen, ich habe die drei Ave Maria täglich gebetet, wie ich es meiner sterbenden Mutter einst versprochen habe. Der Gottesmutter verdanke ich jetzt meine Bekehrung vor dem Tode.“
„Was die sterbende Mutter zu ihrem Sohne gesagt hat, das möchte ich euch zurufen:
„Mein Christ, vergiss die Mutter Gottes nicht, vergiss sie nicht.“

1.      In der Nacht der Versuchung.
2.      In der Nacht der Sünde.
3.      In der Nacht der Leiden.
4.      In der Nacht des Todes.

1.  Der heilige Paulus nennt das Leben einen beständigen Kampf. Der böse Feind geht umher wie ein brüllender Löwe, suchend, wenn er verschlingen könne. Ja, das Leben ist ein Kampf gegen Versuchungen, gegen Leidenschaften und gegen die Sünde. O traurige Nacht der Versuchung, wo der Mensch Gott vergisst und in eine schwere Sünde fällt!
Vergiß deshalb die Mutter Gottes nicht in der Versuchung, sie wird dich beschützen in all deinen Kämpfen und Versuchungen; ruf sie an in allen Versuchungen.

2.  Christliche Leser! Ihr habt schon oft gebeichtet, habt euch von der Sünde gereinigt und die besten Vorsätze gemacht. Aber werdet ihr auch standhaft bleiben in euren Vorsätzen? Manche aus euch werden vielleicht wieder in eine Todsünde zurückfallen.
O vergesst da in der Nacht der Todsünde die Mutter Gottes nicht! Sie ist ja die Mutter der armen Sünder, sie wird dir lebhafte Reue über diene Sünde einflößen und dich zum Beichtstuhl hingeleiten, sie wird dir Gnade und Barmherzigkeit erflehen von Gott, dem Vater der Erbarmungen.


3.  Mein lieber Christ, vergiß die Mutter Gottes nicht in der Nacht der Leiden und der Trübsale!
Die Welt ist so recht ein Tränental. Wer ist imstande die Tränen zu zählen, die geweint werden in der großen weiten Welt und unter euch sind wohl viele, die schon die bittersten Tränen geweint haben!
Wieviel Kummer und Weh kommt in das arme Menschenherz.
Ein Sprichwort sagt: „Freunde in der Not gehen hundert auf ein Lot.“
Solange es dir gut geht und anderen mitteilen kannst, hast du Freunde in Hülle und Fülle,
im Unglück aber verlassen dich deine Freunde und du stehst allein.
Da vergiss wieder die Mutter Gottes nicht, sie ist ja die Trösterin der Betrübten, o wie manche Tränen hat die Mutter Gottes schon getrocknet, wie viel Kummer schon gestillt!
Allerdings dürfen wir nicht glauben, dass die Mutter Gottes alles Kreuz und Elend von uns nehmen wird. Du musst dein Kreuz tragen. Aber wenn du in Kreuz und Unglück deine Zuflucht zu Maria nehmen wirst, wird sie dich nicht verlassen, sie hat ein gutes treues Mutterherz, in allem Unglück, in aller Not wird sie dir Kraft und Mut verleihen, dass du dein Kreuz mit Geduld wirst tragen können.


4.  Wenn du Maria nie vergisst, dann wird sie auch dich nicht vergessen in der Nacht des Todes, in der Sterbestunde.
Früher oder später kommt das Stündlein, wo wir Abschied von der Welt nehmen müssen,
von allem, was uns lieb und teuer gewesen ist auf dieser Erde. Wie hart ist die Sterbestunde! Schaut der Sterbende zurück, so sieht er ein Sündenleben, schaut er in die Zukunft, so sieht er einen unerbittlichen Richter.
Wo anders soll er Trost und Hilfe finden als bei Maria! Wir beten alle Tage:
Heilige Maria bitt für uns arme Sünder jetzt und in der Stunde unseres Todes, unseres Absterbens!


5.  Habt ihr schon einmal gehört, dass eine Mutter je ein Kind verlassen habe in der Todesstunde?
Wenn du mein Christ, Tag für Tag die Mutter Gottes verehrt hast in diesem Leben,
wird sie dir auch beistehen in der Stunde deines Todes.

Wenn du die Mutter Gottes im Leben nicht vergisst, wird auch sie dich im Sterben nicht vergessen.
Sie wird dich beschützen vor dem bösen Feinde, sie wird dich hingeleiten zu Gott und für dich Fürsprache einlegen.
Seht, das ist das Wort, das ich allen ans Herz legen will:

“Vergiss die Mutter Gottes nicht!“

Q: Empor die Herzen Pfr. A. Steeger Impr. 1921