10. September – Ganz Dein…

Fortsetzung…
Jener unvernünftige Pharisäer hielt den Zöllner für einen großen Sünder, für einen unehrlichen Menschen, für einen Ehebrecher und Dieb; wie sehr täuschte er sich aber, denn „dieser ging gerechtfertigt nach Hause“ (Lukas 18,11ff). Die Güte Gottes ist so groß, dass ein Augenblick genügt, um seine Gnade zu erflehen und zu erlangen; welche Sicherheit haben wir also, dass der Sünder von gestern es heute noch ist?

Fortsetzung folgt…
(Franz von Sales)

09. September – Ganz Dein…

Fortsetzung…
Sogar wenn jemand lange Zeit hindurch lasterhaft war, läuft man Gefahr zu lügen, wenn man ihn lasterhaft nennt. Simon der Aussätzige nannte Magdalena eine Sünderin (Lukas 7,39), weil sie es früher war; er sagte aber trotzdem die Unwahrheit, denn sie war es nicht mehr, sondern eine heilige Büßerin. Der Herr nimmt Magdalena deshalb auch in Schutz.

Fortsetzung folgt…
(Franz von Sales)

08. September – Ganz Dein…

Fortsetzung…
Noe berauschte sich einmal, ebenso Lot, der dabei sogar in Blutschande verfiel; trotzdem kann man die beiden nicht Trunkenbolde nennen und Lot nicht einen Blutschänder. Den heiligen Petrus kann man nicht blutrünstig nennen, weil er einmal Blut vergossen, ebenso nicht einen Flucher, weil er einmal einen Fluch ausgestoßen hat. Um ein Laster oder eine Tugend mit Recht als Beinamen zu erhalten, muss man darin fortgeschritten sein und sie gewohnheitsmäßig üben. Es ist also eine Verleumdung, jemand einen Dieb oder Jähzornigen zu heißen, weil man ihn einmal unehrlich oder zornig gesehen hat.

Fortsetzung folgt…
(Franz von Sales)

07. September – Ganz Dein…

Fortsetzung…
Sag nicht: „Der ist ein Trunkenbold“, wenn du ihn einmal betrunken gesehen hast; oder „der ist ein Ehebrecher“, weil du ihn einmal sündigen sahst, noch nenne einen Blutschänder, den du in dieser unseligen Verirrung antrafest. Eine einzige Tat rechtfertigt nicht eine solche Bezeichnung. Die Sonne stand einmal still für den Sieg Josuas (Josua 10,13), sie verfinsterte sich für den Sieg des Herrn am Kreuz (Lukas 23,45); deswegen wird aber keiner behaupten, sie stehe still oder sei verfinstert.

Fortsetzung folgt…
(Franz von Sales)

06. September – Ganz Dein…

Fortsetzung…
Die witzige Lieblosigkeit ist die grausamste von allen. Der Schierling ist an sich kein gefährliches Gift; er wirkt sehr langsam und man kann leicht Gegenmittel anwenden. Mit Wein genommen ist er aber ein tödliches Gift, gegen das es keine Rettung gibt. So geht auch die üble Nachrede bei einem Ohr hinein, beim anderen hinaus, wie man sagt; sie bleibt aber im Gedächtnis der Zuhörer haften, wenn sie in geschickter witziger Form gebracht wird. „Sie haben Natterngift auf ihren Lippen“, sagt David (Psalm 12,5; Psalm 140,4) Der Biss der Natter ist fast unsichtbar, ihr Gift wirkt zuerst angenehm, so dass sich Herz und Gefäße erweitern und das Gift aufnehmen, gegen das es kein Heilmittel mehr gibt.

Fortsetzung folgt…
(Franz von Sales)

05. September – Ganz Dein…

Fortsetzung…
Wer mit dem Bogen schießen will, zieht zuerst den Pfeil mit aller Kraft zurück, um ihn dann mit umso größerer Wucht abzuschießen. So erwecken auch diese Lästerzungen zunächst den Eindruck, ihre lieblosen Reden zurückzuhalten, um sie dann umso kräftiger loszulassen, damit sie recht tief in das Herz der Zuhörer eindringen.

Fortsetzung folgt…
(Franz von Sales)

04. September – Ganz Dein…

Fortsetzung…
Besonders raffiniert wirkt das Gift der lieblosen Rede, wenn man ihr ehrende Worte vorausschickt oder sie mit Freundlichkeiten und Scherzworten spickt. „Ich habe ihn gewiss gern, er ist ja auch ein feiner Mensch, aber um die Wahrheit zu sagen, er tat unrecht, eine solche Gemeinheit zu begehen.“ – „Sie ist gewiss ein anständiges Mädchen, aber sie ist eben überrumpelt worden“, und ähnliche Redewendungen. Merkst du die Hinterlist?

Fortsetzung folgt…
(Franz von Sales)

02. September – Ganz Dein…

Fortsetzung…
Ich beschwöre dich also, niemals weder offen noch heimlich von irgendjemand lieblos zu reden. Hüte dich, deinen Mitmenschen fälschlich Verbrechen und Sünden anzudichten, heimlichen nachzuspüren, auszulegen und das Gute, das du an jemand kennst, in Abrede zu stellen, durch Bosheit zu verdrehen und durch Worte herabzusetzen.

Fortsetzung folgt…
(Franz von Sales)

01. September – Ganz Dein…

Fortsetzung…
Nach dem hl. Bernhard hat sowohl jener, der Schlechtes aussagt, wie jeder, der es anhört, den Teufel in sich: „der eine auf der Zunge, der andere im Ohr.“ David sagt von den Lästerern: „Sie haben ihre Zunge gespitzt wie die Schlangen“ (Psalm 140,4) Die Schlange hat eine gegabelte Zunge mit zwei Spitzen, wie Aristoteles sagt. So ist auch die Lästerung beschaffen: mit einem einzigen Züngeln trifft sie das Ohr des Zuhörers und den guten Ruf ihres Opfers und vergiftet beide.

Fortsetzung folgt…
(Franz von Sales)