Liebe Brüder und Schwestern, wir wollen lernen, mehr vor Gott zu verweilen, vor Gott, der sich in Jesus Christus offenbart hat. Wir wollen lernen, in der Stille, in unserem Innersten seine Stimme zu erkennen, die uns ruft und uns in die Tiefen unserer Existenz, zum Ursprung des Lebens, zur Quelle des Heils zurückführt, um uns über die Begrenztheit unseres Lebens hinausgehen zu lassen und uns für Gottes Maßstäbe zu öffnen, für die Beziehung mit ihm, der unendlichen Liebe. Danke.
(Papst Benedikt XVI. bei der Generalaudienz am 11. Mai 2011)
Ein herzliches »Grüß Gott« sage ich den Pilgern und Besuchern aus den Ländern deutscher Sprache. Besonders verbinde ich mich mit den zahlreichen Gläubigen, die heute am Sonntag des guten Hirten an der Seligsprechung des Märtyrerpriesters Georg Häfner im Würzburger Dom teilnehmen. In den Wirren des Nationalsozialismus war Georg Häfner bereit, als treuer Hirte bis zur Hingabe seines Lebens die Herde zu weiden und viele Menschen in der Verkündigung der Wahrheit und der Spendung der Sakramente zu den Wassern des Lebens zu führen. Seinen Peinigern hat er von Herzen vergeben, und seinen Eltern schrieb er aus dem Gefängnis: »Mit allen wollen wir gut sein.« Seiner Fürsprache vertrauen wir uns gerne an, damit auch wir die Stimme Christi, des guten Hirten, hören und so zum Leben und zur Freude in Fülle gelangen.
Der Heilige Geist stärke und entflamme unser armseliges Gebet, er schenke uns die wahre Freiheit und das Licht, das Gute zu erkennen. Er geleite euch auf allen euren Wegen.
(Papst Benedikt XVI. bei der Generalaudienz am 16. Mai 2012)
Der Marienmonat Mai ist, wie wir wissen, in besonderer Weise der Verehrung der Muttergottes gewidmet. Gott hat das Ja Marias angenommen, um seinen geliebten Sohn der Welt zu schenken. So lädt uns der Maimonat ein, dass wir uns ihrer mütterlichen Fürsprache anvertrauen: »Mutter der Gnaden, reich uns die Hand, auf all unsern Wegen, durchs irdische Land.« Danke.
(Papst Benedikt XVI. bei der Generalaudienz am 09. Mai 2012)
Liebe Brüder und Schwestern, gestärkt durch die österliche Freude und den Glauben an den Auferstandenen empfehlen wir unsere Anliegen und Pläne der Jungfrau Maria, Mutter einer jeden Berufung, auf dass sie durch ihre Fürsprache zahlreiche und heilige Berufungen im Dienst an der Kirche und der Welt erwecke und stütze.
Die Liturgie des vierten Sonntags der Osterzeit legt uns eines der schönsten Bilder vor, die seit den ersten Jahrhunderten der Kirche Jesus, den Herrn, dargestellt haben: das Bild des Guten Hirten. Das Evangelium des hl. Johannes beschreibt im 10. Kapitel die besonderen Merkmale der Beziehung zwischen Christus, dem Hirten, und seiner Herde, einer so engen Beziehung, dass es niemandem je gelingen wird, die Schafe seinen Händen zu entreißen.
Denn sie sind an ihn durch ein Band der Liebe und der gegenseitigen Kenntnis gebunden, das ihnen das unermeßliche Geschenk des ewigen Lebens verbürgt. Zugleich beschreibt der Evangelist die Haltung der Herde gegenüber Christus, dem Guten Hirten, anhand zweier spezifischer Verben: hören und folgen. Diese Begriffe bezeichnen die Grundmerkmale derer, die in der Nachfolge des Herrn leben. Vor allem das Hören seines Wortes, dem der Glaube entspringt und aus dem er sich nährt. Allein wer gegenüber der Stimme des Herrn aufmerksam ist, vermag in seinem Gewissen die rechten Entscheidungen für ein Handeln nach Gott abzuwägen. Dem Hören entspringt also die Nachfolge Jesu: Man handelt als Jünger Jesu, nachdem man inwendig die Lehren des Meisters gehört und aufgenommen hat, um sie tagtäglich zu leben.
Der Mai ist ein beliebter Monat, der aus vielerlei Gründen sehr geschätzt wird. In unseren Breitengraden bringt der Frühling eine große und bunte Blumenpracht hervor; das Klima begünstigt Spaziergänge und Ausflüge. Für die Liturgie gehört der Mai stets zur österlichen Zeit, zur Zeit des »Halleluja«, des Offenbarwerdens des Geheimnisses Christi im Licht der Auferstehung und des Osterglaubens; und er ist die Zeit der Erwartung des Heiligen Geistes, der an Pfingsten machtvoll über die entstehende Kirche herabkam.
Zu diesen beiden Aspekten, das heißt zum »natürlichen« und zum liturgischen, paßt gut die Tradition der Kirche, den Monat Mai der Jungfrau Maria zu widmen. Sie nämlich ist die schönste Blume, die der Schöpfung entsprungen ist. Sie ist die »Rose«, die in der Fülle der Zeiten erblüht ist, als Gott seinen Sohn gesandt und so der Welt einen neuen Frühling geschenkt hat. Und zugleich ist sie die demütige und diskrete Hauptperson der ersten Schritte der christlichen Gemeinde: Maria ist deren geistliches Herz, da ihre Gegenwart inmitten der Jünger lebendiges Gedächtnis Jesu, des Herrn, und Unterpfand der Gabe seines Geistes ist.
Fortsetzung … Liebe Brüder und Schwestern, die Episode der Befreiung des Petrus, von der Lukas berichtet, sagt uns, dass die Kirche, ein jeder von uns, die Nacht der Prüfung durchmacht, aber dass das unablässige Wachen im Gebet uns trägt. Auch ich habe mich vom ersten Augenblick meiner Wahl zum Nachfolger des hl. Petrus an stets von eurem Gebet, vom Gebet der Kirche getragen gefühlt, vor allem in den schwierigsten Augenblicken.
Dafür danke ich von Herzen. Durch das unablässige und vertrauensvolle Gebet befreit uns der Herr von den Ketten, führt er uns durch jede Nacht der Gefangenschaft hindurch, die unser Herz quälen kann, schenkt er uns die Ruhe des Herzens, damit wir den Bedrängnissen des Lebens begegnen können, auch der Ablehnung, dem Widerstand, der Verfolgung. Die Episode des Petrus zeigt diese Kraft des Gebets. Und auch wenn er in Ketten liegt, ist der Apostel innerlich ruhig, in der Gewissheit, nie allein zu sein: Die Gemeinde betet für ihn, der Herr ist ihm nahe; er weiß, dass die Gnade Christi ihre Kraft in der Schwachheit erweist (vgl. 2 Kor 12,9). Das unablässige und einmütige Gebet ist auch ein wertvolles Mittel, um die Prüfungen zu überwinden, die auf dem Weg des Lebens auftreten können, denn durch das tiefe Vereintsein mit Gott können wir auch zutiefst mit den anderen vereint sein. Danke.
(Papst Benedikt XVI. bei der Generalaudienz am 09. Mai 2012)
Er findet zwei Hauptursachen: Die erste ist, sich von den Leidenschaften, von der Diktatur der eigenen Gelüste, vom Egoismus beherrschen zu lassen (vgl. Jak 4,1–2a); die zweite ist das fehlende Gebet – »weil ihr nicht bittet« (Jak 4,2b) – oder das Vorhandensein eines Gebets, das nicht als solches bezeichnet werden kann: »Ihr bittet und empfangt doch nichts, weil ihr in böser Absicht bittet, um es in eurer Leidenschaft zu verschwenden« (Jak 4,3). Dem hl. Jakobus zufolge würde diese Situation sich ändern, wenn die ganze Gemeinschaft gemeinsam mit Gott sprechen, inständig und einmütig beten würde. Denn auch das Reden über Gott läuft Gefahr, seine innere Kraft zu verlieren, und das Zeugnis wird schal, wenn sie nicht vom Gebet, von der Kontinuität eines lebendigen Gesprächs mit dem Herrn beseelt, getragen und begleitet werden.
Das ist ein wichtiger Hinweis auch für uns und unsere Gemeinschaften, für die kleinen – wie die Familie – ebenso wie für die größeren, wie die Pfarrei, die Diözese, die ganze Kirche. Und es macht mich nachdenklich, dass in dieser Gemeinde des hl. Jakobus gebetet wurde, aber in böser Absicht gebetet wurde, nur für die eigene Leidenschaft. Wir müssen immer wieder lernen, gut zu beten, wahrhaftig zu beten, sich auf Gott und nicht auf das eigene Wohl auszurichten. Die Gemeinde dagegen, die die Gefangenschaft des Petrus begleitet, ist eine Gemeinde, die wirklich betet, die ganze Nacht, vereint. Und eine unermessliche Freude erfüllt das Herz aller, als der Apostel unerwartet an das Tor klopft. Es ist die Freude und das Staunen über das Wirken Gottes, der sie erhört. So steigt das Gebet für Petrus von der Kirche auf, und er kehrt in die Kirche zurück, um zu berichten, »wie der Herr ihn aus dem Gefängnis herausgeführt hatte« (Apg 12,17). In jener Kirche, in der er als Fels eingesetzt ist (vgl. Mt 16,18), berichtet Petrus von seinem »Pascha« der Befreiung: Er erfährt, dass in der Nachfolge Christi die wahre Freiheit liegt, man vom strahlenden Licht der Auferstehung umgeben ist, und daher kann er bis zum Martyrium bezeugen, dass der Herr auferstanden ist und wahrhaftig »seinen Engel gesandt hat und mich der Hand des Herodes entrissen hat« (Apg 12,11). Das Martyrium, das er später in Rom erleiden wird, wird ihn endgültig mit Christus vereinen, der zu ihm gesagt hatte: Wenn du alt geworden bist, wird ein anderer dich führen, wohin du nicht willst – um anzudeuten, durch welchen Tod er Gott verherrlichen würde (vgl. Joh 21,18–19).
Fortsetzung folgt …
(Papst Benedikt XVI. bei der Generalaudienz am 09. Mai 2012)
Ich möchte auch einen anderen Aspekt der Haltung des Petrus im Gefängnis hervorheben. Wir sehen nämlich, dass Petrus »schlief« (Apg 12,6), während die christliche Gemeinde inständig für ihn betete. In einer so kritischen Situation ernster Gefahr mag diese Haltung seltsam erscheinen. Sie deutet jedoch hin auf Ruhe und Vertrauen; er vertraut auf Gott, er weiß, dass er umgeben ist von der Solidarität und dem Gebet der Seinen und überlässt sich ganz der Hand des Herrn. So soll unser Gebet sein: inständig, solidarisch mit den anderen, vollkommen vertrauensvoll gegenüber Gott, der uns tief im Inneren kennt und für uns Sorge trägt – so sehr, dass Jesus sogar sagt: »Bei euch aber sind sogar die Haare auf dem Kopf alle gezählt. Fürchtet euch also nicht!« (Mt 10,30–31).
Petrus erlebt die Nacht der Gefangenschaft und der Befreiung aus dem Gefängnis als einen Augenblick seiner Nachfolge des Herrn, der die Finsternis der Nacht überwindet und aus der Knechtschaft der Ketten und der Todesgefahr befreit. Seine Befreiung ist wunderbar, gezeichnet von verschiedenen Schritten, die genau beschrieben werden: Vom Engel geführt geht er trotz der Überwachung am ersten und zweiten Wachtposten vorbei, bis hin zum eisernen Tor, das in die Stadt führt: Und das Tor öffnet sich ihnen von selbst (vgl. Apg 12,10). Petrus und der Engel des Herrn gehen gemeinsam ein Stück des Weges, bis der Apostel, wieder zu sich gekommen, merkt, daß der Herr ihn wahrhaftig befreit hat. Und er geht, nachdem er sich darüber klar geworden ist, zum Haus der Maria, der Mutter des Markus, wo viele Jünger zum Gebet versammelt sind; wieder besteht die Antwort der Gemeinschaft auf Schwierigkeit und Gefahr darin, sich Gott anzuvertrauen, die Beziehung zu ihm zu vertiefen. An dieser Stelle scheint es mir nützlich, eine andere nicht einfache Situation in Erinnerung zu rufen, die die christliche Urgemeinde erlebt hat. Darüber berichtet uns der hl. Jakobus in seinem Brief. Es ist eine Gemeinde, die sich in einer Krise, in Schwierigkeiten befindet, nicht so sehr wegen der Verfolgungen, sondern weil es in ihrem Innern Neid und Streit gibt (vgl. Jak 3,14–16). Und der Apostel fragt sich nach dem Grund für diese Situation.
Fortsetzung folgt …
(Papst Benedikt XVI. bei der Generalaudienz am 09. Mai 2012)