11. Mai – Ganz Dein…

Fortsetzung…

Wie kleine Kinder, die man von der Mutterbrust entwöhnt, meinen sie zu verschmachten, jammern, werden verdrießlich und unerträglich, am meisten gegen sich selbst.
Folgendes begegnete also einem Schüler Bernhards, Gottfried von Peronne, der im Dienste Gottes Neuling war. Als er sich plötzlich in geistliche Dürre versetzt fand, beraubt des inneren Trostes, eingehüllt in Finsternis, erinnerte er sich seiner Freunde in der Welt, der Eltern, des Reichtums, den er verlassen hatte, und es überfiel ihn eine so heftige Versuchung, dass es in seinem ganzen Verhalten sichtbar wurde. Einer seiner Vertrauten bemerkte es, sprach ihn taktvoll und freundlich darauf an, fragte ihn vertraulich, was ihn so sehr verändert habe, so grüblerisch und traurig mache. Darauf antwortete Gottfried seufzend: „Ach, mein Bruder, ich werde nie mehr fröhlich sein!“ Entsetzt über diese Worte, eilte jener, es dem gemeinsamen Vater Bernhard zu berichten.

Fortsetzung folgt…

(Franz von Sales)

10. Mai – Ganz Dein…

Ein treffliches Beispiel.
Hier will ich eine Anekdote aus dem Leben des hl. Bernhard erzählen, wie ich sie bei einem gelehrten und weisen Schriftsteller gefunden habe. Sie wird das eben Gesagte noch verständlicher machen. Bei fast allen, die erst beginnen, Gott zu dienen, und noch keine Erfahrung im seelischen Auf und Ab haben und im Entzug der Gnaden durch Gott, trifft es zu, dass sie leicht außer Atem kommen, kleinmütig und traurig werden, sobald sie des Gefühls der Frömmigkeit ermangeln und das milde Licht schwindet, das sie einlädt, auf dem Weg des Herrn voranzuschreiten. Erfahrene Menschenkenner erklären das damit, dass die menschliche Natur nicht lang hungrig und freudlos bleiben kann, ob diese Freude nun himmlischen oder irdischen Ursprungs ist. Seelen, die durch das Verkosten der höheren Freuden über sich selbst hinausgehoben sind, verzichten leicht auf sichtbare Stützen. Wenn ihnen aber durch göttliche Fügung die geistliche Freude entzogen wird, sie andererseits aber der irdischen Freuden entbehren und nicht gewohnt sind, geduldig
auf die Rückkehr der echten Freudensonne zu warten, dann glauben sie, weder im Himmel noch auf der Erde zu sein und in ewige Nacht gehüllt zu bleiben.

Fortsetzung folgt…

(Franz von Sales)

09. Mai – Ganz Dein…

Es gereicht ihm zur Freude, in einem Herzen zu weilen, das ihn herbeiruft. Allein mit Jesus, fern dem Weltlärm, im Schweigen der Geschöpfe, spricht er dann mit dir „wie ein Freund zum Freunde.“ Überglücklich, ihn zu hören, wirst du keinem andern mehr das Ohr leihen wollen.

 

(Thomas von Kempen)

07. Mai – Ganz Dein…

Ein Christ, der sich von der Welt losgeschält hat, kennt für dieses und das andere Leben nur ein Verlangen: mit Jesus verbunden zu leben in  unaussprechlicher Vereinigung. Im geheimnisvollen Liebesgesang wird diese Vereinigung, unter göttlicher Eingebung, folgendermaßen gezeichnet: „Mein Vielgeliebter gehört mir, und ich gehöre ihm; er ruht in den Lilien, bis sich das Frührot erhebt und die Schatten fallen“ (Hohelied).

 

Fortsetzung folgt…

(Thomas von Kempen)

06. Mai – Ganz Dein…

Hättest du die richtige Einstellung, und wäre dein Herz ganz lauter, alles gereichte dir zum Wohl. Denn deshalb mißfällt dir manches und beunruhigt es dich, weil du dir noch nicht abgestorben bist und dem Irdischen nur ungenügend fernstehst.

Nichts befleckt und versklavt das Menschenherz dermaßen wie unlautere geschöpfliche Liebe.

Verzichtest du auf äußern Trost, so erschließen sich dir die himmlischen Dinge und du wirst häufig seelisch frohlocken können.

 

Fortsetzung folgt…

(Thomas von Kempen)

05. Mai – Ganz Dein…

Ein innerlicher Mensch hat sich schnell gesammelt, weil er nie ganz ungesammelt bleibt. Die äußere Arbeit, oder die vom Augenblick geforderte Beschäftigung, stellt kein Hindernis für ihn dar: er weiß sich dem Wechsel der Dinge anzupassen.

Ist jemand innerlich richtig eingestellt und ausgeglichen, berühren ihn die wunderlichen Irrwege der Menschen kaum. In dem Maß stößt jemand auf Hindernisse und Zerstreuungen, als er sich selbst mit den Dingen einläßt.

 

Fortsetzung folgt…

(Thomas von Kempen)

 

04. Mai – Ganz Dein…

Wer alles nach seinem wahren Wert beurteilt, und nicht nach bloßem Sagen und Meinen, der ist wahrhaft weise und mehr von Gott als von den Mneschen aufgeklärt. Wessen Wandel von innen her bestimmt wird, und wessen Einschätzung der Dinge sich nur wenig nach dem Äußern richtet, der macht seine Andachtsübungen nicht von Ort und Zeit abhängig.

 

Fortsetzung folgt…

(Thomas von Kempen)

02. Mai – Ganz Dein…

Hättest du das Innenleben Jesu richtig erfasst und auch nur einigermaßen seine glühende Liebe begriffen: dein persönliches Wohl und Wehe ließe dich gleichgültig. Im Gegenteil, erlittene Schmähungen freuten dich, denn die Jesusliebe führt den Menschen zur Selbstverachtung.

 

Fortsetzung folgt…

(Thomas von Kempen)